Zeitwertkonten – ein modernes und steuerbegünstigtes Modell zur Finanzierung des Vorruhestands für Handwerksunternehmen und Freiberuflerpraxen

1.  Die Herausforderung
Häufig bedauern die Inhaber von Freiberuflerpraxen oder Handwerksunternehmen, die als Einzelunternehmen oder als Personengesellschaft geführt werden, dass für sie der Gesetzgeber eine steuerlich begünstigte Form der betrieblichen Vorsorgeplanung nicht vorgesehen hat. Aufgrund des steuerlichen Status als Unternehmer können sie nicht steuerbefreit Teile ihrer Vergütung einem betrieblichen Vorsorgemodell zuwenden. Was für den Inhaber nicht möglich ist, kann aber unter Einhaltung bestimmter Grenzen für die mitarbeitenden Familienmitglieder eine Option sein. So können z. B. mitarbeitende Ehefrauen Teile ihrer Vergütung steuerbefreit einem betrieblichen Vorsorgeplan zuwenden, der es ihnen erlaubt, ab 60 oder früher von der Arbeit freigestellt, sich den Vorruhestand zu finanzieren. Eine solche Flexibilisierung der Lebensarbeitszeit ist von der Politik ausdrücklich gewünscht und wird von der Finanzverwaltung flankiert. Wie dies erreicht werden kann, wird im Folgenden erläutert.

2. Funktionsweise von Zeitwertkonten

Der mitarbeitende Ehepartner, mitarbeitende Kinder oder die Angestellten wandeln einen Teil ihrer Vergütung in ein betriebliches Wertguthaben um. Diese umgewandelte Vergütung unterliegt nicht der Lohnsteuer, erfolgt also steuerfrei. Sie wird durch das Unternehmen angelegt und verzinst sich. Die Auszahlung der angelegten Wertguthaben erfolgt in einer späteren Freistellungsphase, die meist dem gewünschten und individuell festgelegten Vorruhestand entspricht. Erst dann wird die Auszahlung mit Lohnsteuer belegt, was die steuerliche Belastung durch Stundung und den  vorteilhaften Progressionsglättungseffekt erheblich mindern kann. So kann ein individuell skalierbarer Vorruhestand durch den Einbehalt von Entgeltteilen und deren Verzinsung betrieblich finanziert werden. Das Wertguthaben ist dabei doppelt gesichert. Erstens darf es im Fall der Insolvenz des Unternehmens nicht für den Arbeitnehmer verloren gehen. Deshalb wird es regelmäßig an diesen verpfändet. Zweitens muss die Anlage so erfolgen, dass bei späterer planmäßiger Auszahlung ein Wertverlust ausgeschlossen ist.

3. Wichtig für den betreuenden Steuerberater

Neben der zeitlichen Verlagerung der lohnsteuerlichen Belastung in die späteren Auszahlungsjahre ist für den Steuerberater die steuerliche Behandlung der Wertguthaben im Unternehmen wichtig, denn der Verzicht auf Auszahlung von Vergütungsteilen schmälert zunächst einmal  die steuerlichen Betriebsausgaben im Unternehmen. Wird das Wertguthaben aber in einer verpfändete Rückdeckungsversicherung zur Anlage und Sicherung eingebracht, sind die Prämienzahlungen bei der für viele Handwerks- und Freiberuflerunternehmen typischen Einnahmen-Überschussrechnung  Betriebsausgaben, da die Rückdeckungsversicherung, anders als die zur Anlage und Sicherung ebenfalls geeigneten Fonds- oder Banksparpläne,  zum Umlaufvermögen gehört. Der Verzicht auf Abzug als Vergütung wird also vollständig ersetzt durch einen wertgleichen Abzug als Versicherungsprämie, so dass kein Betriebsausgabenabzug verloren geht. Nichts anderes gilt für bilanzierende Unternehmen über die Zuführung zur einer Rückstellung. Der steuerliche Effekt beschränkt sich somit auf die vorteilhafte lohnsteuerliche Behandlung.

Autor: Prof. Dr. Dietmar Wellisch, Hamburg, Hannover