Wenn sich die Gemeinnützigkeit davonschleicht … Kleiner Fehler mit großer Wirkung!

von Thomas Oehmichen

Vereine gibt es in Deutschland eine ganze Menge, es sind ungefähr 850.000. Sie sind zum großen Teil gemeinnützig, machen unser Leben in unserem Land angenehmer, freundlicher, politischer, künstlerischer, religiöser, sportlicher und so weiter. Gemeinnützige Vereine werden oft von Profis operativ geleitet aber von Amateuren verwaltet.

So meine wiederkehrende Erfahrung. Wer will schon gerne in einem Sportverein Vorstandsarbeit machen und die Zeit für Sitzungen, Rechnungen prüfen und bezahlen, Buchführung machen etc. aufwenden, wenn es draußen schön warm ist und der Sportplatz ruft. Es bleiben nur die wenigen übrig, die sich breitschlagen lassen oder bei der Nennung Ihres Namens in der Mitgliederversammlung nicht schnell und laut genug „NEIN“ gerufen haben. Wenn ich dieses Zitat in meinem Seminaren zum Besten gebe ernte ich stets zustimmendes Nicken, und das nicht nur von ein paar Teilnehmern.

Eine privat geführte Grundschule, die ihre Finanzierung zu ca. 60 % auf die staatliche Förderung und nur zu 40 % auf das Schulgeld aufbaut, hat einen Vorstand, dem die Unterrichtung der Kinder mit der besonderen pädagogischen Prägung dieser Schule sehr wichtig ist. Der Vorstand besteht aus klugen Leuten, die im Beruf alle Ihre Frau und ihren Mann stehen, dort absolute Profis sind und sich die Zeit aus ihrem knappen Kontingent herausschneiden, um der Schule „vorzustehen“. Die Schulleitung macht eine angestellte Person, die die Schule inhaltlich und pädagogisch hervorragend führt, alle sind zufrieden.

In dieser Situation hat der Vorstand eine Änderung an der Satzung durchgeführt, die klug und angebracht war. Bei dieser Satzungsänderung hat der Schreiber der Satzung bei der Einarbeitung der Änderungen offensichtlich versehentlich einen Satz gelöscht: Die Körperschaft ist selbstlos tätig.

Der Vorstand hat den entscheidenden Fehler begangen und die so geänderte Satzung dem Finanzamt vorab nicht zur Stellungnahme vorgelegt. Dann wäre der Fehler aufgefallen und die folgenschweren Konsequenzen vollumfänglich vermieden worden. Der Vorstand hat die Satzung dem Amtsgericht zur Prüfung eingereicht, sie wurde eingetragen und mit Eintragung wirksam. Damit fehlte eine Voraussetzung, um die Gemeinnützigkeit zu erhalten oder zu behalten.

Mit Anforderungen der Steuererklärung Gem1 für die Jahre 2014 bis 2016 hatte das Finanzamt nachgefragt, ob es eine Satzungsänderung gegeben habe. Ja, natürlich, die Satzung wurde dem Finanzamt selbstverständlich übermittelt. Bei der Prüfung der Steuererklärung hat das Finanzamt die mangelhafte Satzung festgestellt und keinen Freistellungsbescheid erlassen, sondern einen Körperschaftsteuerbescheid. Festgesetzte Steuer Null, Nachzahlung Null, es kam keine Steuerlast auf.

In den Nebenbestimmungen hatte das Finanzamt die Aufhebung der Freistellung mit Wirkung vom Tag der Eintragung der Satzung im Vereinsregister (also rückwirkend) beschieden, aber das hat keiner gelesen. Wer liest denn schon gerne die zweiseitigen Erläuterungen zum Bescheid, wo vernichtende Dinge drinstehen.

Die Gemeinnützigkeit ist dahin, die Schule verliert damit ihren Status als Ersatzschule (eine Ersatzschule kann nur als solche anerkannt werden, wenn sie gemeinnützig ist), sie verliert rückwirkend die staatliche Beihilfe, sie verliert mangels Status der Ersatzschule die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 20 a) aa) UStG, Die Lehrgenehmigung der Lehrer, die als Seiteneinsteiger Unterricht machen, dürften zurückgezogen werden, kurz, das ganze Unternehmen Schule steht vor dem Aus.

Wer dafür geradestehen muss? Sicherlich der Vorstand, denn dieser trägt die Verantwortung für die Schule.

Hoffentlich ist der Vorstand mit einer guten D&O-Versicherung versehen.