Betriebsstätte als Gefahrenpotential

Autor: Peter Scheller, Steuerberater – Master of International Taxation – Fachberater für Zölle und Verbrauchsteuern, www.scheller-international.com

Betriebsstätten sind unselbständige Teile eines Unternehmens, die sich an einem anderen Ort als der Hauptsitz befinden. Diese können im Inland oder Ausland liegen. Aber gerade im grenzüberschreitenden Bereich ergeben sich besondere Fragestellungen und häufig übersehene Probleme. Dies gilt sowohl für inländische Unternehmen mit Betriebsstätten im Ausland als auch für ausländische Unternehmen mit Betriebsstätten im Inland. Dieser Beitrag beschäftigt sich nur mit einigen dieser Problembereiche.

Eine Betriebsstätte ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Der Begriff der festen Geschäftseinrichtung oder Anlage erfordert keine besonderen Räume oder betrieblichen Vorrichtungen. Die Betriebsstätte hat eine räumliche und eine zeitliche Komponente, die in einem bestimmten Verhältnis zueinanderstehen. Sie muss der Tätigkeit des Unternehmens dienen und von einer gewissen Dauer sein.

In der Folge werden einige ausgesuchte Fragestellungen dargestellt.

Ausländische Betriebsstätte als Arbeitgeber

Ein Urteil des Finanzgerichtes Niedersachsen vom 16.12.2021 (11 K 14196/20, 11 K 14197/20, 11 K 14198/20, BB 22, 149) beschäftig sich mit der Fragestellung, ob ein Arbeitgeber eine Betriebsstätte im Rahmen der Lohnsteuer sein kann.

Der Gerichtsentscheidung lag folgende Sachverhalt zugrunde. Ein inländischer Arbeitgeber hatte Auslandsniederlassungen, die regelmäßig Arbeitnehmer kurzfristig zu Schulungen und Projektarbeiten nach Deutschland schicken. Die Kosten für die Arbeitnehmer wurden durch die Auslandsniederlassung getragen.

Streitig war nicht, ob die Auslandsniederlassungen als Betriebsstätten anzusehen seien, sondern ob diese i.S.d. des anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommens als Arbeitgeber anzusehen seien. Sofern dieses bejaht wird, greift die sog. 183-Tageregelung ein (Art. 15 Abs. 2 Buchst. b OECD-MA). Die Arbeitnehmer wären im Inland mit entsprechenden Gehaltsanteilen nicht (beschränkt) steuerpflichtig.

Verneint man die Arbeitgebereigenschaft der ausländischen Niederlassung, sind die Arbeitnehmer mit ihren auf die deutsche Tätigkeit entfallenden Anteilen im Inland steuerpflichtig und die deutsche Gesellschaft wäre zum Lohnsteuerabzug verpflichtet. So auch entschied das Finanzgericht.

Mit dem Urteil wurde nicht geklärt, ob die Arbeitnehmer auch der deutschen Sozialversicherungspflicht unterliegen.

Die übersehene Betriebsstätte

Das Vorliegen von Betriebsstätten ist auch bei kleinen Unternehmen häufig ein Thema und wird sowohl von Steuerpflichtigen als auch von Beratern übersehen. Zieht beispielsweise ein Alleingesellschafter einer ausländischen Gesellschaft nach Deutschland und ist er alleiniger Gesellschafter, verlagert sich der Ort der Geschäftsleitung in vielen Fällen mit nach Deutschland, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer die Managementaufgaben von Deutschland aus ausführt. Kapitalgesellschaften werden unbeschränkt steuerpflichtig und müssen im Inland alle steuerlichen Pflichten wie eine Inlandsgesellschaft erfüllen. Personengesellschaften begründen in diesen Fällen eine Betriebsstätte in Deutschland.

Wird dieser Sachverhalt erst später durch die deutschen Finanzbehörden festgestellt, ergeben sich regelmäßig Probleme. Es müssen alle auf die Betriebsstätte entfallenden Gewinnanteile im Inland besteuert werden. Ferner stellt sich die Frage, ob die ausländischen Finanzbehörden, die für die Hauptniederlassung zuständig sind, das Vorliegen einer Betriebsstätte akzeptieren. Ferner können die beteiligten Finanzbehörden unterschiedlicher Auffassung über die Gewinnaufteilung zwischen der Hauptniederlassung und der Betriebsstätte sein. Im Ergebnis droht eine Doppelbesteuerung.

Inländischer Grundbesitz

Eine andere in der Praxis häufig auftretende Frage ist, ob die Einschaltung einer Dienstleistungsgesellschaft oder Managementgesellschaft für die Verwaltung inländischen Grundbesitzes zu einer Betriebsstätte des Immobilieneigentümers führen kann.

Hierzu gilt folgendes:

  • Eine Betriebsstätte ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient.
  • Unter folgenden Voraussetzungen liegt keine Betriebsstätte vor:
    • Der Besitz von Immobilien allein reicht nie zur Begründung einer Betriebsstätte aus.
    • Ebenfalls keine Betriebsstätte kann vorliegen, wenn die Immobilie ausschließlich der Vermögensverwaltung – spricht der ausschließlich privaten Vermietungstätigkeit – zuzuordnen ist. Das gilt auch bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften.
  • Eine Betriebsstätte verlangt immer das Vorliegen eines Gewerbebetriebes:
    • Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn die inländischen Immobilien durch eine Kapitalgesellschaft (auch eine ausländische) gehalten werden.
    • Besonders leicht übersehen wird das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückhandels.
  • In der Regel führt die Einschaltung einer Dienstleistungs- und Managementgesellschaft zu keiner Betriebsstätte einer ausländischen Immobiliengesellschaft im Inland. Problematisch sind aber Fälle, in denen ein Unternehmen rechtlich befugt ist, die Einrichtungen und Anlagen nach eigenen Bedürfnissen zu nutzen. Dies können z.B. Überwachungstätigkeiten vor Ort sein. Problematisch sind auch Fälle, in denen das Dienstleistungsunternehmen zur selben Unternehmensgruppe wie die Immobiliengesellschaft gehört und dieselben Personen zur Geschäftsführung in beiden Gesellschaften befugt sind.