Abwicklung eines Unternehmens durch die Erben
Von Peter Scheller
Sobald ein Unternehmer stirbt, stellt sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Erben selbst zu umsatzsteuerlichen Unternehmern werden. Für den Fall, dass die Erben das Unternehmen fortführen, ist die Sachlage klar. Natürlich werden die Erben im Todeszeitpunkt selbst Unternehmer. Interessant ist die Frage, ob die Erben auch dann umsatzsteuerliche Unternehmer werden, wenn sie das geerbete Unternehmen nicht fortführen und es abwickeln.
Der BFH hat in seinem Urteil vom 13.01.2010 die Sache klargestellt. Die Erben werden auch dann umsatzsteuerliche Unternehmer, wenn sie das Unternehmen des Erblassers ohne Fortführung abwickeln. Konsequenterweise führt die Veräußerung von Betriebsvermögen mit wenigen Ausnahmen zu steuerpflichtigen Umsätzen. Die Erben müssen Rechnungen mit Umsatzsteuer ausstellen. Sie haben Umsatzsteuervoranmeldungen und -erklärungen abzugeben und die Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen.
Das kann zu sehr unerfreulichen steuerlichen Auswirkungen führen, wie das nachfolgende Beispiel zeigt:
Ein selbständiger Arzt verstirb. Da keiner der Erben die Arztzulassung hat, entschließen sie sich, das vorhandende Vermögen (betrieblich genutzter PKW, medizinische Geräte etc.) an verschiedene Erwerber zu veräußern.
Da die Erben Unternehmer werden, müssen sie alle Gegenstände umsatzsteuerpflichtig veräußern. Sie müssen Rechnungen mit einem Steuerausweis von 19% erstellen. Sie müssen die Umsatzsteuer anmelden und an das Finanzamt abführen. Auf die Steuerbefreiungsvorschrift, die zur Anwendung gekommen wäre, wenn der Arzt selbst die Anlagegegenstände veräußert hätte, können sich die Erben nicht berufen, weil sie selbst nicht als Ärzte tätig werden. Dies führt zu der unerfreulichen Folge, dass obwohl der Verstorbene zu Lebzeiten bei der Anschaffung der Gegenstände keinen Vorsteuerabzug geltend machen konnte die Erben bei der Veräußerung die Umsatzsteuer an das Finanzamt zu entrichten haben.
Auch hinsichtlich der Gewerbesteuer ist die Sache nicht erfreulich. Während der Arzt noch eine freiberufliche Tätigkeit ausübte, die zu keiner Gewerbesteuerpflicht führt, werden die Erben mit ihren Veräußerungserlösen in der Regel gewerbesteuerpflichtig. Misslingt die volle oder teilweise Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer der Erben, ergibt sich eine weitere Steuerbelastung. Außerdem können Veräußerungsgewinne natürlich auch zu einer Einkommensteuerbelastung bei den Erben führen.
Und dies gilt unabhängig davon, dass ggf. auch noch Erbschaftsteuer zu zahlen ist. Zwar gibt es unter gewissen Umständen eine Einkommensteuerentlastung, wenn entsprechendes Vermögen der Erbschaftsteuer unterlegen hat. Aber in vielen Fällen wird dadurch die Doppelbelastung mit Erbschaft- und Einkommensteuer nicht vollständig beseitigt.
Wenn es den Erben gelingt, die Praxis als Einheit an einen anderen Arzt zu veräußern, kann man der Umsatzsteuerpflicht entgehen, wenn die Vorausetzungen für eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegen. In der Regel dürfte ein Gewinn aus der Veräußerung der Gesamtpraxis auch nicht gewerbesteuerpflichtig sein.
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