Finanzierung von Auslandsgesellschaften

Von Peter Scheller

Grundsätzlich haben Gesellschafter immer zwei Möglichkeiten, eine eigene Gesellschaft mit Finanzmitteln auszustatten. Enweder sie stellen Eigenkapital zur Verfügung oder sie gewähren der Gesellschaft ein Darlehen. Dabei wird häufig die Form des Gesellschafter-Darlehens gewählt. In der Aufbauphase oder bei anstehenden Investitionen der Gesellschaft bietet es sich an, diese Darlehen zinslos zu stellen. Allerdings kann die vereinbarte Unverzinslichkeit insbesondere dann steuerliche Probleme bereiten, wenn ein inländischer Gesellschafter seiner ausländischen Gesellschaft Darlehen überlässt.

Über einen solchen Fall hatte das Finanzgericht Baden-Württemberg zu entscheiden. Der Fall war denkbar einfach. Eine inländische Gesellschafterin hatte ihrer ungarischen Kapitalgesellschaft, an der sie alle Anteile hielt, ein unverzinsliches Darlehen zur Verfügung gestellt. Mit diesen Finanzmitteln hatte die ungarische Gesellschaft ein Fabrik- und Verwaltungsgebäude errichtet.

Das Finanzamt sah die Darlehensgewährung als nicht fremdüblich an und rechnete der deutschen Gesellschafterin fiktive Zinsen in Höhe von 6% der Darlehenssumme als Kapitaleinkünfte zu. Dabei bemühte das Finanzamt den ansonsten nur selten zur Anwendung kommenden § 1 Außensteuergesetz (AStG). Nach dieser Vorschrift sind, wenn ein Steuerpflichtiger Geschäftsbeziehungen zum Ausland unterhält, seine Einkünfte unter bestimmten Voraussetzungen für Zwecke der Besteuerung abweichend von ihrer tatsächlichen Höhe anzusetzen.

Das Finanzgericht verneinte die Anwendung mit dem Hinweis, dass § 1 AStG nur schuldrechtliche Leistungsbeziehungen erfasst. Im vorliegenden Fall habe die deutsche Gesellschafterin ein so genanntes Finanzplandarlehen gegeben. Damit erfolge die Darlehenshingabe nicht aufgrund einer schuldrechtlichen Vereinbarung, sondern sei durch das Gesellschaftsverhältnis verursacht. Das Gericht führt weiter aus, dass es einem Gesellschafter bei der Unternehmensfinanzierung freistehe, seine Gesellschaft entweder mit Eigenkapital oder einem so genannten Eigenkapital-ersetzenden Darlehen auszustatten. Der Gesellschafter kann im Rahmen seiner Finanzierungsfreiheit frei entscheiden, welche Form der Finanzierung er nutzen wolle. Das Finanzgericht verneinte eine nach § 1 AStG korrigierbare Geschäftsbeziehung. Die Zurechnungen fiktiver Zinsen durch das Finanzamt sei deshalb unzulässig.

Gegen das Urteil hat das Finanzamt Revision eingelegt. Man darf gespannt sein, wie  der Bundesfinanzhof entscheiden wird.

In der Urteilsbegründung spielen europarechtliche Erwägungen keine Rolle. Allerdings dürfte die Anwendung des § 1 AStG auf EU-Sachverhalte  wahrscheinlich europarechtswidrig sein. Hätte nämlich die Gesellschafterin einer inländischen Gesellschaft ein unverzinsliches Darlehen gewährt, hätte sie dies ohne steuerlich nachteilige Folgen tun können. Zinsvorteile, die ein Gesellschafter einer inländischen Gesellschaft gewährt, sind nicht einlagefähig und führen deshalb auch zu keiner steuerlichen Korrektur bei der Gesellschafterin. Wenn die Finanzverwaltung zinslose Darlehen an EU-Gesellschaften anders behandelt, ist zu vermuten, dass sie damit die Niederlassungsfreiheit und/oder Kapitalverkehrsfreiheit beschränkt. Und es ist auch kein Rechtfertigungsgrund für eine Diskriminierung oder Beschränkung ersichtlich. Wahrscheinlich hätte die Gesellschafterin den Steuerbescheid auch mit Hinweis auf eine möglicherweise bestehende Europarechtswidrigkeit angreifen können.